Ghosting im Recruiting: Warum Bewerber & Firmen sich meiden

Ghosting ist längst kein Phänomen mehr, das nur beim Dating vorkommt – es ist auch im Recruiting angekommen. Immer häufiger verschwinden Bewerber plötzlich aus dem Prozess, tauchen nie zum Vorstellungsgespräch auf oder antworten nicht mehr auf Jobangebote. Doch auch Unternehmen sind nicht unschuldig: Viele lassen Kandidaten nach dem Bewerbungsgespräch wochenlang im Unklaren oder melden sich nach einer Zusage plötzlich nicht mehr.

Das Ergebnis? Frust auf beiden Seiten. Bewerber verlieren das Vertrauen in Unternehmen, Firmen beklagen hohe Absprungraten und unbesetzte Stellen. Doch warum passiert Ghosting so häufig? Und was können Unternehmen tun, um es zu vermeiden?

Warum Bewerber Unternehmen ghosten

Während Personalverantwortliche oft annehmen, dass Bewerber sich über jede Jobmöglichkeit freuen, sieht die Realität anders aus. Kandidaten haben heute mehr Auswahl als je zuvor. Besonders in Branchen mit Fachkräftemangel gibt es oft mehrere attraktive Angebote gleichzeitig.

Die häufigsten Gründe, warum Bewerber sich plötzlich nicht mehr melden:

  • Mehrere Jobangebote gleichzeitig: Wenn ein Kandidat sich bei mehreren Unternehmen bewirbt und ein besseres Angebot bekommt, wird das andere oft ignoriert – anstatt höflich abzusagen.
  • Schlechte Kommunikation seitens der Firma: Wer wochenlang auf eine Antwort warten muss, verliert das Interesse. Viele Bewerber ghosten, weil sie selbst zuvor ignoriert wurden.
  • Unattraktive Arbeitsbedingungen: Wenn im Bewerbungsgespräch klar wird, dass das Unternehmen nicht zu den Erwartungen passt, ziehen sich viele Bewerber einfach zurück – ohne eine Absage zu schicken.
  • Schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit: Viele Arbeitnehmer haben erlebt, wie sie nach Bewerbungen ohne Erklärung abgelehnt wurden. Manche sehen Ghosting als eine Art „Gegenwehr“ gegenüber der üblichen Praxis von Unternehmen.

Ghosting ist oft eine Reaktion auf einen ineffizienten oder unpersönlichen Recruiting-Prozess.

Warum Unternehmen Bewerber ghosten

Doch nicht nur Kandidaten verschwinden wortlos. Auch Unternehmen lassen Bewerber immer häufiger im Stich.

Die häufigsten Gründe, warum Firmen Bewerber ghosten:

  • Zu viele Bewerbungen, zu wenig Ressourcen: Viele HR-Abteilungen sind überfordert und schaffen es nicht, alle Bewerbungen zu beantworten.
  • Plötzlicher Wechsel der Anforderungen: Wenn sich das Anforderungsprofil kurzfristig ändert oder die Stelle doch nicht besetzt wird, informieren viele Unternehmen die Bewerber nicht.
  • Mangelnde Wertschätzung für Kandidaten: Einige Unternehmen sehen Bewerber als austauschbar und nehmen sich nicht die Zeit für eine Absage.
  • Angst vor negativen Reaktionen: Manche Personaler meiden Absagen, um Diskussionen oder schlechte Bewertungen auf Plattformen wie Kununu oder Glassdoor zu verhindern.

Doch Ghosting ist ein doppeltes Problem: Während es kurzfristig Zeit spart, schadet es langfristig der Arbeitgebermarke. Wer Bewerber schlecht behandelt, bekommt schneller einen schlechten Ruf – und verliert Talente an die Konkurrenz.

Die Folgen von Ghosting im Recruiting

Ghosting ist nicht nur ärgerlich – es kann Unternehmen konkret schaden.

  • Sinkende Bewerberzahlen: Wenn sich herumspricht, dass ein Unternehmen Bewerber ignoriert, bewerben sich weniger qualifizierte Kandidaten.
  • Steigende Fluktuation: Bewerber, die sich schlecht behandelt fühlen, treten eine neue Stelle oft nur widerwillig an – und sind schneller wieder weg.
  • Negative Bewertungen: Auf Plattformen wie Kununu oder LinkedIn kann schlechtes Recruiting-Management schnell sichtbar werden.

Für Bewerber kann Ghosting ebenso frustrierend sein. Wer mehrfach ohne Antwort bleibt, verliert das Vertrauen in den Bewerbungsprozess und sieht Jobsuche als Glücksspiel. Das führt dazu, dass sich viele Bewerber weniger Mühe geben oder selbst Unternehmen ghosten.

Wie Unternehmen Ghosting vermeiden können

1. Schnelle, transparente Kommunikation

Bewerber erwarten heute eine schnelle Rückmeldung – wer sich Wochen Zeit lässt, verliert sie an die Konkurrenz. Eine klare Regel: Innerhalb von 48 Stunden nach dem Gespräch sollte ein erstes Feedback kommen.

2. Automatisierte, aber persönliche Antworten

Auch wenn nicht jeder Bewerber individuell kontaktiert werden kann, helfen automatisierte Nachrichten mit persönlicher Note, um Wertschätzung zu zeigen.

3. Offene Kommunikation über den Prozess

Wenn es Verzögerungen gibt, sollten Unternehmen Bewerber aktiv informieren. Ein kurzes Update per E-Mail oder Telefon zeigt, dass die Firma den Kandidaten wertschätzt.

4. Klare Absagen statt Schweigen

Auch wenn es unangenehm ist: Eine klare Absage ist immer besser als keine Antwort. Ghosting von Bewerbern sorgt nur für Frust und beschädigt die Arbeitgebermarke.

Wie Bewerber Ghosting vermeiden können

Auch Kandidaten können dazu beitragen, dass der Bewerbungsprozess fairer und transparenter wird. Wer ein anderes Jobangebot annimmt oder sich gegen eine Stelle entscheidet, sollte dies offen und professionell kommunizieren.

  • Ein kurzes „Danke, aber ich habe mich für eine andere Stelle entschieden“ per E-Mail reicht oft aus.
  • Ghosting schadet der eigenen Reputation – in vielen Branchen begegnet man sich wieder.
  • Ein fairer und respektvoller Umgang miteinander sollte in beide Richtungen gelten.

Ghosting ist kein guter Recruiting-Ansatz – für niemanden

Ob Bewerber oder Unternehmen – Ghosting ist ein Zeichen für schlechte Kommunikation und mangelnde Wertschätzung. Unternehmen, die Bewerber ignorieren, riskieren ihren Ruf. Kandidaten, die sich wortlos zurückziehen, vergeben sich selbst Chancen.

Die Lösung liegt in mehr Transparenz, Schnelligkeit und Offenheit. Wer sich professionell verhält, hinterlässt einen positiven Eindruck – unabhängig davon, ob es zu einer Einstellung kommt oder nicht.

Denn im War for Talent zählt nicht nur, wer den besten Job bietet – sondern auch, wer am respektvollsten mit Kandidaten umgeht.